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Warhammer 40.000: Die Geschichte hinter dem Verschwinden der weiblichen Space Marines

Hintergrundgeschichte zu den weiblichen Space Marines von Games Workshop

Als ich vor Jahren ein Warhammer 40.000 Kill Team zusammengestellt habe, spielte ich mit dem Gedanken auch ein paar weibliche Space Marines hinzuzufügen. Ich veröffentlichte die Idee in den Sozialen Medien und erhielt sehr zwiespältige Rückmeldungen. Für die einen war es ein spannendes Experiment, anderen platzte sofort der Kragen. Frauen in einem Orden für Männer, ein Sakrileg sondergleichen.

Das weibliche Space Marines bis 1988 im Handel erhältlich waren, ist vielen Hobbyisten bis heute nicht bekannt. Auch ich habe erst davon erfahren, als ich den Artikel The real story of female Space Marines von Bell of Lost Souls gelesen habe.

Wie entstanden die weiblichen Space Marines?

Alan Merrett, ehemaliger Head of Intellectual Property bei Games Workshop, hat in der Facebook-Gruppe The Oldhammer Community ein wenig aus dem Nähkästchen geplaudert. Er beschreibt den Designprozess in den frühen Tagen von Games Workshop als einen freien, nicht streng reglementierten Zustand. Damals gab es zwar einzelne Regelwerke, aber keinen dogmatischen Fluff.

Für das Spielsystem Rogue Trader erstellten die Designer unzählige Prototypen. Was gut am Markt ankam, ging in die Serienproduktion. Der Rest verschwand in der Konzeptschublade. Heutzutage nennt man diesen Prozess Rapid Prototyping.

Mitte der 80er Jahre gab es in jeder Modellreihe von Games Workshop weibliche Miniaturen. Die sogenannte C-Reihe sollte einen Frauenanteil von über 25 % enthalten. Also setzten sich die Designer ans Zeichenbrett und erstellten unter anderem ein Konzept für weibliche Space Marines.

Weibliche Space Marines aus der Rogue Trader Serie
Im White Dwarf von März 1988 sind erstmals weibliche Space Marines abgebildet.

Eine Servorüstung, ein Bolter, ein Energieschwert und ein weiblicher Kopf – fertig waren die Female Warriors Gabs und Jayne.

Warum wurde die Produktion weiblicher Space Marines gestoppt?

Nachdem die ersten Produkte der C-Reihe an den Markt gebracht wurden, meldeten die Händler ein geringes Kundeninteresse an den weiblichen Miniaturen. Infolgedessen blieben die Nachbestellungen aus und Games Workshop stellte die Produktion sämtlicher Modelle von Frauen ein. Auch der ursprüngliche Plan, Soldatinnen im ersten Gussrahmen der Space Marines anzubieten, wurde verworfen.

Hinter den Kulissen überlegte man weiter, wie man die Modellreihe divers halten könne. Es gab zum Beispiel die Idee, dass jede 3er-Packung eine Frau enthalten solle. Allerdings war die Angst vor einer negativen Kundenreaktion zu groß. Daher beschränkte sich Games Workshop in den kommenden Jahren darauf, nur noch vereinzelt weibliche Miniaturen auf den Markt zu bringen.

Sisters of Battle von Games Workshop
Erst 1997 erschienen mit den Sisters of Battle wieder Frauen in Servorüstungen.

Zusammengefasst verschwanden die weibliche Space Marines aufgrund von Absatzproblemen. Männliche Kunden wollten mit männlichen Figuren spielen. 

Welche Auswirkungen hat der Produktionsstopp auf den Fluff?

Wir wissen jetzt, dass weibliche Space Marines existierten. Liest man jedoch ein aktuelles Buch aus der Black Library, besteht ein Space Marine Orden nur aus Männern. Auch dafür hat Alan Merrett eine Erklärung parat.

All the background fluff about why there are only male Marines is there to justify a commercial logistics issue.

Solltest du zukünftig mal wieder von der Verabreichung der männerkompatiblen Gensaat lesen, behalte diese „kaufmännische Entscheidung“ gut im Hinterkopf. Sie erinnert ein wenig an Disneys Aufräumaktion im Star Wars-Kanon.

Wie steht die Community zu weiblichen Space Marines?

Ich habe in den letzten Jahren nicht nur viel Zeit beim Miniaturen bemalen, sondern auch in der Community verbracht. Die Meinungen und Sorgen zu weiblichen Space Marines sind so vielfältig, wie unsere Spielerinnen und Spieler.

  • Es ist ein freies Hobby. Wer möchte, kann weibliche Space Marines von anderen Herstellern kaufen oder sie selbst bauen.
  • Games Workshop nimmt weibliche Space Marines in das Sortiment auf, sobald die Marktforschung das Potenzial dazu sieht.
  • Spieler haben Schwierigkeiten der Geschichte zu folgen, wenn sie zu stark verändert wird.
  • Mit den Sisters of Battle steht den Spielern zum Ausgleich eine rein weibliche Armee zur Verfügung.
  • Warhammer 40.000 ist schon zu lange von Männern dominiert. Dadurch sind Frauen bei den Miniaturen unterrepräsentiert und finden schwerer einen Zugang zum Hobby.

Meine Meinung

Ich selbst vertrete die Sichtweise, dass Games Workshop mehr Diversität wagen darf. Die Black Library veröffentlicht seit Jahren erfolgreich Romane über starke Frauen im Warhammer-Universum. Es ist an der Zeit, dass sie einen Platz auf und vor allem an unseren Spieltischen erhalten.

Sollte die Geschichte hinter den Space Marines dabei ein zu großes Hindernis darstellen, habe ich noch eine andere Idee: Ein weiterer Schritt für mehr Diversität könnte ein gemeinsamer Gussrahmen mit Gardistinnen und Gardisten der Imperialen Armee sein.

Ein weiblicher Space Marine der Space Wolves.
Letzten Endes hat auch mein Kill Team Unterstützung von weiblichen Space Marines erhalten.

Teile des Bildmaterials für diesen Artikel wurden uns freundlicherweise von Games Workshop zur Verfügung gestellt.